Die Royals als Marke

Die Queen ist tot. Und die ganze Welt nimmt Anteil. Selbst diejenigen, die mit Großbritannien oder Monarchien ansonsten wenig oder nichts am Hut haben. Eine Sondersendung im Fernsehen jagt die nächste – und Deutschlands Promi-Blättchen Nr. 1 legt anlässlich des Ablebens der Queen gar eine Extraausgabe auf. Bereits zu Lebzeiten hatte die Queen den Nimbus eines Rockstars – und nicht nur die Queen: Die gesamte Royal Family war und ist seit jeher Quell eines gewaltigen Medienrummels. Kein Zweifel: Die Royals sind eine britische Marke von Weltrang – und außerdem als freiwillige oder unfreiwillige Botschafter für zahlreiche Produkte fast unschlagbar.

Selbst auf ihrem letzten Weg durch Edinburgh wurde die Queen noch zum Werbeträger: Denn der Zuschauer vor Ort oder dem Bildschirm konnte ohne Mühe auf der großen, seitlichen Fensterfläche des Leichenwagens das dezente Logo des Bestattungsunternehmens identifizieren. Chapeau: ein gelungenes Productplacement mit weltweiter Reichweite!

Übrigens: Schon recht früh verhalf Elisabeth geeigneten Marken in den Sattel – oder besser: auf den Thron. So kreierte Chivas Regal anlässlich der Krönung der Queen im Jahre 1953 einen legendären Whisky: den „Royal Salute“. Das Schnäpschen kommt natürlich nicht wie ein simpler Alltags-Whisky in einer Glasflasche daher, sondern wird in edle Keramikflaschen abgefüllt. Auch der Preis des „Royal Salut“ ist wahrlich königlich: Während die Standard-Abfüllung mit 21 Jahre altem Whisky noch für um die 150 Euro zu haben ist, so muss man für die limitierte Edelvariante zum 70. Thronjubiläum der Regentin knapp 20.000 Euro hinblättern. Na denn, Prost!

Atemberaubend ist auch das Souvenir- und Merchandising-Universum rund um die königliche Familie. Da gibt es kitschige Wackelwink-Figuren der Queen fürs heimische Fensterbrett, einen Tee mit dem verkaufsstarken Namen „Prince of Wales“, ja, sogar Hauspuschen mit royalem Wappen, Bettwäsche, Taschen, Tassen, T-Shirts mit wechselnden royalen Motiven, bei denen das Leibchen mit dem aufgedruckten Antlitz von Lady Diana besonders hervorsticht. Kein Wunder also, dass sich die Windsor-Family selbst gern als „the firm“ – die Firma – bezeichnet.

Und eine Firma oder ein Produkt hat natürlich auch einen Markennamen. Den muss man allerdings mitunter ändern. Rebranding heißt das auf Neudeutsch. Wir kennen diesen Vorgang zum Beispiel aus der aktuellen Rassismus-Debatte: So wurde aus dem Bahlsen-Keks „Afrika“ der Keks „Perpetuum“ oder aus „Uncle Ben`s Reis“ der politisch korrektere „Bens Original Reis“. Ein solches Rebranding haben die Royals ebenfalls vollzogen: Im Jahre 1917. Damals befand man sich, wie allgemein bekannt, mit Deutschland im Krieg. Und der deutsche Familienname – und die deutschen Wurzeln der Monarchen – waren daher bei den Briten gar nicht mehr opportun. So änderte man also schnurstracks den Familiennamen Sachsen-Coburg und Gotha in Windsor – und war damit im Handumdrehen auch namenstechnisch so urenglisch wie das gleichnamige Schloss aus Zeiten Wilhelm des Eroberers. Übrigens: Lady Dianas heimlicher Spitzname für die Royal Family war angeblich „the Germans“ als Anspielung auf deren deutschen Stammbaum. Honi soit qui mal y pense!

Eine erfolgreiche Marke muss im Gespräch bleiben, Aufmerksamkeit schaffen und ihr Image pflegen. Das weiß auch „the firm“. Und so gibt es zahllose Anlässe für öffentliche Auftritte der Royals – mit allerlei Ritualen und pompösen Glamour. Die Queen feierte gar zweimal im Jahr Geburtstag! Und insbesondere die beliebten Yellow-Press-Blättchen sorgen mit bildgewaltigen Reportagen für die entsprechende Publicity. Und schaffen zudem mit ihren Berichten über die zahllosen Skandale, Skandälchen sowie das allgemeine Family Life der Royals angenehm intime Vertrautheit zum Königshaus. Für die Briten ist die pompöse Familie patriotisches Sinnbild und Anker zu längst vergangenen Zeiten, als Groß Britannien noch ein Weltreich war und die inoffizielle Nationalhymne „“Rule, Britannia, Britannia rule the waves“ eine Tatsache zum Ausdruck brachte. Ist nun mit dem Ableben der Queen und damit der wichtigsten Identifikationsfigur des Königshauses der Niedergang der „Firma“ eingeläutet? Who knows …?